Adolf Dietrich

Ausstellung mit Buch-Publikation
24.10.2010 – 27.02.2011


Während die Fondation Beyeler in Riehen bei Basel in diesem Frühjahr dem grossen französischen Naiven Henri Rousseau eine Ausstellung gewidmet hat, zeigt die Fondation Saner in Studen bei Biel im kommenden Winter den sicher bedeutendsten Schweizer Naiven, den 1877 in Berlingen am Untersee geborenen Adolf Dietrich. Zwei Jahre nur, nachdem diese Stiftung mit der Ausstellung Hans Brühlmann einen anderen wichtigen (und fast gleichaltrigen) Thurgauer Künstler dem Vergessen entrissen hat, möchte sie mit dieser Ausstellung erneut auf eine Künstlerpersönlichkeit aufmerksam machen, deren Werk ausserhalb der Ostschweiz noch kaum bekannt ist. 

Als Sohn eines Kleinbauern wuchs Adolf Dietrich in sehr ärmlichen und bedrängenden Verhältnissen auf. Gleich nach der Primarschule musste er als Fabrikarbeiter zum Lebensunterhalt der Familie beitragen. Obschon das Malen und Zeichnen schon früh seine Leidenschaft war, blieb ihm dafür lange nur der Sonntag, und an eine professionelle künstlerische Ausbildung war unter diesen Umständen natürlich nicht zu denken. Dietrich war und blieb ein Autodidakt, der sowohl sein solides Handwerk als auch seinen höchst eigenwilligen Malstil völlig selbständig erarbeitete. Ausstellen konnte er zum ersten Mal mit 36 Jahren in Konstanz; seinen künstlerischen Durchbruch verdankte er jedoch dem Mannheimer Kunsthändler Herbert Tannenbaum, der ihn im Laufe der zwanziger und dreissiger Jahre immer wieder und mit grossem Erfolg ausstellte sowie Werke von ihm an andere deutsche Galerien vermittelte.

Seit 1930 häuften sich auch in der Schweiz die Ausstellungen, und da dadurch die Zahl der Verkäufe und die Preise der Bilder beträchtlich stiegen, konnte sich der Künstler endlich ganz der Malerei widmen. An seinen Lebensgewohnheiten änderte dies jedoch nichts. Bis zu seinem Tod 1957 lebte er mutterseelenallein in dem kleinen bescheidenen Haus in Berlingen, in dem er einst geboren worden war, inmitten einer bunten Menagerie von lebenden und ausgestopften Tieren, einer langen Batterie liebevoll gepflegter Topfpflanzen und einer Fülle alter vergilbter Erinnerungsstücke.

Hatte die Kunstkritik in Dietrich anfänglich nur einen primitiven "Bauernmaler" gesehen, so glaubte sie in ihm seit den zwanziger Jahren einen Vertreter der Neuen Sachlichkeit zu erkennen, also jener zumal in Deutschland gepflegten modernen Kunstrichtung, die in Reaktion auf den Expressionismus nach einer neuen, nüchternen Wirklichkeitsschau strebte. Wie das unsere Ausstellung begleitende Katalogbuch zum ersten Mal nachzuweisen versucht, lassen sich von Dietrichs eigenwilligem Malstil aber auch Bezüge zu ganz anderen Ausdrucksformen der Zwischenkriegszeit herstellen, so zum poetisch überhöhten Realismus eines Ernst Georg Rüegg und Jean-Bloé Niestlé oder zur hermetischen Wirklichkeitsschau eines Félix Vallotton.

Katalog-Buch: Rudolf Koella, Adolf Dietrich

Hrsg. Fondation Saner, Studen und Benteli Verlag

144 Seiten, über 100 Abbildungen.

Fr. 48.– (während der Ausstellung Fr. 45.–